Mehrgewichtige Menschen, die die Diagnose Insulinresistenz oder Diabetes Typ 2 erhalten, bekommen in der Regel den Ratschlag, Gewicht zu verlieren, um ihre Stoffwechselentgleisung zu verbessern. So steht es in der Leitlinie, so lernen wir Ernährungsberater:innen es in der Ausbildung und so ist die gesellschaftliche Meinung. Entschuldige den Ausdruck, der jetzt kommt: Das ist totaler Bullshit und ich wünsche mir von Herzen, dass die Deutsche Diabetes Gesellschaft ihre Leitlinien überdenkt und endlich ändert. Als Ernährungstherapeutin, die gewichtsneutral nach Health at Every Size® praktiziert, weigere ich mich, Menschen aufgrund ihres Gewichts in zwei Klassen einzuteilen und therapiere daher entgegen der Leitlinie (und ja, ich kann das sehr gut begründen). Warum ich glaube, dass ein gewichtszentrierter Ansatz bei Diabetes Typ 2 (und wenn wir schon dabei sind, bei allen anderen Stoffwechselerkrankungen und überhaupt und sowieso) mehr Schaden als Nutzen anrichtet, darum geht es im heutigen Blogpost.

Was ist Diabetes?

Was versteht man eigentlich unter einem Diabetes? Der Begriff Diabetes mellitus kommt aus dem Griechischen und bedeutet „honigsüßer Durchfluss“. Die Zeiten haben sich glücklicherweise geändert, doch früher diente das Schmecken des Urins Ärzt:innen als Diagnose und so kam der Name zustande. Der Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselstörung, die beiden bekanntesten Formen sind Typ 1 und Typ 2 Diabetes mellitus (oft abgekürzt als T1DM und T2DM).

Beim Diabetes Typ 1 kann aufgrund einer Autoimmunerkrankung, die sich gegen die Insulin-produzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse richtet und sie zerstört, kein Insulin gebildet werden. Im Gegensatz dazu haben Menschen mit Diabetes Typ 2 zumindest anfangs noch genügend Insulin, das aber nicht mehr richtig wirken kann (dazu gleich mehr). Früher wurde Diabetes Typ1 auch juveniler oder jugendlicher Diabetes genannt (weil er häufig im Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert wurde) und den Typ 2 Altersdiabetes. Diese Begriffe sollten nicht mehr genutzt werden, da beide Formen in jedem Alter auftreten können und daher irreführend sind. Der Begriff Prädiabetes ist ebenfalls umstritten, weil

  1. viele Menschen mit Prädiabetes überhaupt nie einen Diabetes entwickeln und
  2. der Begriff implizieren könnte, dass keine Krankheit vorliegt und daher keine Intervention erforderlich sei.

Es ist also besser bspw. von gestörter Glucosetoleranz oder Insulinresistenz zu sprechen. Zudem gibt es noch ein paar andere seltene Diabetes-Typen bei besonderen Krankheitsbildern oder Funktionsstörungen und den Schwangerschaftsdiabetes.

Mit Abstand am häufigsten kommt der Diabetes Typ 2 vor, etwa 90-95% aller Menschen mit Diabetes sind am Typ 2 erkrankt. Die Zahl der Diabetiker in Deutschland wird auf etwa 8,5 Millionen geschätzt und etwa 6 Millionen Menschen sind in Behandlung. Der Rest ist Dunkelziffer, da die Krankheit zu Beginn keine oder nur diffuse Beschwerden verursacht, die nicht eindeutig zugeordnet werden können.

Wie wirkt Insulin?

Insulin ist ein Hormon, das in Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Da diese zu Zellhaufen gruppiert sind, die aussehen wie Inseln und ein Herr Dr. Langerhans sie entdeckt hat, heißen sie auch Langerhans’sche Inseln. Verzehrt nun jemand Kohlenhydrate, wird Insulin ausgeschüttet, da eine Aufgabe des Hormons ist, Glucose aus dem Blut in die Körperzellen zu bringen. Dieser Stoffwechselvorgang ist streng geregelt: Die Zellen haben eine „Tür“ mit einem „Schloss“ und Insulin ist der „Schlüssel“, der die Türen aufschließen kann, sodass Glukose in die Zellen gelangt und dann als Energiesubstrat zur Verfügung steht.

Wenn nun eine Insulinresistenz besteht, findet das Insulin bildlich gesprochen das „Schlüsselloch“ nicht mehr oder es passt zwar noch in das Schlüsselloch, der „Schlüssel“ lässt sich aber nicht mehr drehen (falls dir der Vergleich lieber ist). Dadurch kann die Glucose nicht mehr in die Zelle aufgenommen werden und der Blutzuckerspiegel bleibt erhöht. Als Folge davon produziert die Bauchspeicheldrüse noch mehr Insulin und so beginnt eine Negativspirale: Die Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse reagieren mit einer vermehrten Ausschüttung an Insulin, was die Zellen dann noch unempfindlicher gegenüber Insulin werden lässt. Auf Dauer überlastet das die Bauchspeicheldrüse, die Fähigkeit zur ausreichenden Insulinsekretion verliert und ein Insulinmangel entsteht (daher gibt es auch Menschen mit T2DM, die Insulin spritzen müssen).

Die Insulinresistenz betrifft auch die Leber, in der dann vermehrt Glucose gebildet wird. Normalerweise würde das Insulin die Glucosebildung in der Leber unterdrücken, aber weil es nicht richtig wirken kann, funktioniert das nicht mehr und dadurch kommt es zu einem erhöhten Nüchtern-Blutglucose-Spiegel. Ein sich negativ verstärkender Effekt tritt auf: Obwohl Glucose im Blut im Übermaß vorhanden ist, kommt diese Info nicht in den Leberzellen an. Diese glauben daher fälschlicherweise, dass zu wenig Glucose im Blut ist und ein Energiemangel herrscht und bauen die Kohlenhydratspeicher im Körper, das Glykogen ab, um Glucose zur Verfügung zu stellen. In der Fettzelle führt die Insulinresistenz zu einer stärkeren Lipolyse, das heißt Fett wird abgebaut und das Blut wird mit freien Fettsäuren geflutet, was Probleme im Fettstoffwechsel verursacht und die Insulinresistenz weiter verstärkt. Insulin beeinflusst also nicht nur den Zuckerstoffwechsel, sondern hat überall die Finger im Spiel, sodass die Komplikationen, die bei Diabetes auftreten können, den gesamten Organismus betreffen.

Diagnosekriterien des Diabetes mellitus Typ 2

Das Leitsymptom bei Diabetes Typ 2 ist eine erhöhte Nüchtern-Blutglucosekonzentration (siehe Tabelle). Ein alternatives diagnostisches Kriterium ist die HbA1c-Konzentration. Der HbA1c-Wert sagt in Prozent aus, wie viel Blutzucker sich in den letzten zwei bis drei Monaten an die roten Blutkörperchen gebunden hat.

Der Goldstandard für den Ausschluss oder die Bestätigung einer Diagnose eines manifesten Diabetes mellitus Typ 2 ist der sogenannte orale Glucosetoleranztest (oGTT). Der orale Glukosetoleranz-Test (OGTT) prüft, inwieweit Ihr Körper Glukose verwerten kann und dient der Frühdiagnostik von Diabetes mellitus. Für die Testung wird eine Fertiglösung aus der Apotheke eingesetzt oder eine Testlösung aus 75 g Glukose in 300 ml Wasser hergestellt. Diese muss innerhalb von 5 Minuten getrunken werden. Vor dem Trinken und zwei Stunden danach wird Blut abgenommen und der Blutzucker gemessen.

Tabelle: Diagnostische Kriterien für Insulinresistenz

 Unauffälliger GlucosestoffwechselGestörter Glucosestoffwechsel (Insulinresistenz)Manifester Diabetes mellitus Typ 2
Nüchtern-Blutglucose< 100 mg/dl100-125 mg/dl*≥ 126 mg/dl*
2-Stunden-Wert im oralen Glucosetoleranztest< 140 mg/dl140-199 mg/dl*≥ 200 mg/dl*
HbA1c-Konzentration< 5,7 %5,7-6,5 %≥ 6,5 %

*Achtung: In der Schwangerschaft gelten andere Grenzwerte! Ein Schwangerschaftsdiabetes liegt vor, wenn der Nüchternblutzuckerwert  >92 mg/dl beträgt oder der Ein-Stunden-Wert >180 mg/dl beträgt oder der Zwei-Stunden-Wert >153 mg/dl beträgt.

Die Diagnose Diabetes ist keine Schuldfrage!

Bekommen nun schlanke Menschen einen Diabetes, ist die allgemeine Reaktion: „Oh je, so ein Pech!“ Ihnen wird nicht kollektiv die Schuld gegeben, sich falsch ernährt oder einen falschen Lebensstil gewählt zu haben und sie bekommen eine evidenzbasierte Therapie, um die Blutzuckerwerte zu verbessern und den Stoffwechsel zu „normalisieren“. Das steht in Anführungszeichen, da Diabetes Typ 2 eine fortschreitende, chronische Stoffwechselerkrankung ist, die entgegen der gesellschaftlichen Meinung nicht geheilt werden kann. Was erreicht werden kann ist eine weitgehende Blutzuckernormalisierung, um

  1. kurzfristige Komplikationen wie Unterzuckerung und Blutzuckerentgleisungen zu vermeiden und
  2. langfristig Folgeerkrankungen zu verhindern, wie bspw. Schäden an Augen, Nieren, Nerven oder Gefäßerkrankungen an Herz, Gehirn und Beinen.

Ganz vereinfacht gesagt kommt es zu den Folgeschäden, wenn der Zucker, der im Blut zu viel ist, sich an bestimmten Zellen anlagert. Der chemische Begriff ist Glykosylierung, das bedeutet, dass Zuckermoleküle beispielsweise an Proteine binden und sie dadurch in ihrer Funktion beeinträchtigen.

Bekommen dagegen mehrgewichtige Menschen einen Diabetes Typ 2, wird ihnen dafür die Verantwortung gegeben, dass sie es „soweit haben kommen lassen“. Das ist eine bodenlose Frechheit. Ja, ich weiß, dass überall behauptet wird, dass ein hohes Körpergewicht einen Diabetes „verursacht“ und selbst Fachgesellschaften und offizielle Stellen wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft und das Bundeszentrum für Ernährung diese Botschaft transportieren. Da liest man dann solche Dinge wie „Verschiedene Faktoren spielen bei der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 eine Rolle. Die wichtigsten sind Ü**gewicht und A**positas, [… und] mangelnde Bewegung […].“ Damit wird nicht nur suggeriert, sondern öffentlich gefordert, dass dicke Menschen ihre Gesundheit „in die Hand nehmen sollen“ und es in ihrer Macht liegt, die Krankheit durch „richtige“ Ernährung und Bewegung zu bekämpfen.

Mich macht das so unfassbar wütend. Es gibt – ganz unabhängig vom Körpergewicht – Menschen, die „immer alles richtig machen“ und trotzdem in einem frühen Alter einen Diabetes entwickeln und dann gibt es Menschen, die machen ihr Leben lang „alles falsch“ und bekommen niemals Diabetes. Warum? Weil viele Faktoren, die zur Krankheitsentstehung beitragen, überhaupt nicht in unserer Hand liegen, wie zum Beispiel Genetik, sozioökonomische Faktoren oder der Zugang zu medizinischer Versorgung. Auf andere Faktoren haben wir, abhängig von unseren Privilegien (!) und Lebensumständen, etwas mehr Einfluss: ausreichend Schlaf, Stressmanagement, Pausen, Entspannung, Bewegung, abwechslungsreiche Ernährung bspw. können die Blutzuckerwerte verbessern. Zu wenig Schlaf – in der Regel sagt man weniger als 8 Stunden – kann zu einem erhöhten Blutzucker führen, was häufig unterschätzt wird, genauso wie chronischer Stress, den nicht nur Überlastung durch Job und/oder auslösen kann, sondern auch Diäten, allgemein restriktive Ernährungsweisen oder Diskriminierung oder Gewichtsstigmatisierung.

Was sagt die Leitlinie?

Ich habe es oben schon angedeutet: Kommt ein schlanker Mensch mit Diabetes Typ 2 in die Beratung, darfst du dich laut Leitlinie mit der Person direkt auf gesunde Verhaltensweisen konzentrieren, um die Blutzuckerwerte zu verbessern. Wenn aber eine dicke Person mit Diabetes Typ 2 in die Beratung kommt, dann sollst du dich auf eine Gewichtsabnahme konzentrieren, die dann auf jeden Fall kurzfristig zu einer Verbesserung der Blutzuckerwerte führen kann, langfristig aber sehr viel Potenzial hat das Problem zu verschlimmern. Nur weil jemand die Diagnose Insulinresistenz oder Diabetes Typ 2 bekommt, funktionieren Diäten trotzdem nicht – und ja, das schließt „gesunde Ernährungsweisen“ mit dem Ziel eines vorsätzlichen Gewichtsverlusts ein und ALLE Ernährungsweisen ein, die dir sagen, wann, was oder wie viel du essen darfst mit dem vorsätzlichen Ziel einer Gewichtsreduktion.

Wer mehrgewichtigen Typ-2-Diabetiker:innen eine vorsätzlichen Gewichtsverlust empfiehlt oder sogar verschreibt, trägt daher aktiv dazu bei, ihren Zustand zu verschlechtern. Weight Cycling ist eine häufige und zu erwartende Nebenwirkung von Diäten und völlig unabhängig vom Gewicht ein Risikofaktor für – halte dich gut fest! – Insulinresistenz und Diabetes Typ 2. Das ist längst bekannt und schockierender Weise steht das genau so in der Leitlinie. Neben der Empfehlung einer vorsätzlichen Gewichtsreduktion. What?! Ja genau.

Die Leitlinie empfiehlt eine Gewichtsabnahme, schreibt gleichzeitig, dass Diäten nicht funktionieren und warnt vor Weight Cycling, das erwiesenermaßen eine Folge von Diäten ist. Und die Kirsche auf der Sahne ist, dass in der Leitlinie ebenfalls steht, dass auch dramatische Verbesserungen des Stoffwechsels ohne eine Änderung des Gewichts erreicht werden können. Glaubst du nicht? Hier ist ein Screenshot aus der aktuellen Leitlinie:

Ohne Witz, in derselben 36-seitigen Leitlinie stehen alle diese Sätze:

„Der Ersatz von Mahlzeiten durch niedrigkalorische Formuladiäten stellt eine sichere und effektive Maßnahme zur Gewichtsreduktion bei übergewichtigen und adipösen Menschen mit T2Dm im Vergleich zu herkömmlichen kalorienreduzierten Diäten dar.

Das ist möglicherweise eine gesellschaftlich akzeptierte Meinung, wissenschaftliche Studien unterstützen diese Aussage nicht. Diäten scheitern in über 95% der Fälle in den ersten 1-5 Jahren, 2 von 3 Menschen wiegen nach einer Diät mehr und 1 von 4 Diätkarrieren enden in einer therapiebedürftigen Essstörung. Nur weil jemand die Diagnose Diabetes Typ 2 oder Insulinresistenz bekommt, funktionieren Diäten trotzdem nicht langfristig und der Gewichtsverlust ist trotzdem nicht nachhaltig. Solche Empfehlungen erhöhen nur die Scham, wenn es dann wieder nicht funktioniert hat, und erhöhen immens den Leidensdruck, sodass die Wahrscheinlichkeit noch höher ist, dass das Ganze in einer Essstörung endet.

„Neben der günstigen Beeinflussung anthropometrischer Parameter wie Taillenumfang und Körperfettmasse verbessern Formuladiäten auch weitere kardiometabolische Risikoparameter wie Blutdruck, Nüchternglukose, HbA1c-Wert und Lipidstoffwechsel. […] Allerdings erreichen nur 25 % eine Gewichtsreduktion von > 15 %, bei der die Remission sehr wahrscheinlich eintritt.“

Gerade mal eine von vier Personen schafft es überhaupt, so viel abzunehmen, dass sie in einen Bereich kommt, dass das vorübergehende oder dauerhafte Nachlassen von Krankheitssymptomen körperlicher bzw. psychischer Natur überhaupt möglich erscheint. Ob sie das niedrigere Gewicht dann halten können, ist nochmal eine ganz andere Diskussion. Wir können uns doch nicht auf eine unrealistische Fantasie stützen, sondern müssen doch mit dem arbeiten, was da ist. 

„Verschiedene Formen der hypokalorischen Ernährungsumstellung – von langfristig nutzbaren bis auf kurze Interventionen beschränkte Verfahren – führen bei Typ-2-Diabetes-Patienten zu einer Reduktion des Körpergewichts und oftmals auch zu einer Verbesserung der Stoffwechsellage und weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren. Allerdings gelingt eine nennenswerte, langfristige Gewichtsabnahme nur wenigen Patienten, sowohl mit komplexer Lebensstilintervention als auch mit Formuladiät.“

Warum empfehlen wir dann Menschen abzunehmen, wenn die wissenschaftlichen Beweise so eindeutig sind, dass eine langfristige Gewichtsabnahme einfach nicht möglich ist. Zudem kommt noch dazu, dass wenn wir uns auf die Gewichtsabnahme als primäres Ziel konzentrieren und das niedrigere Gewicht nicht gehalten werden kann (aus welchen Gründen auch immer), ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die gesunden Verhaltensweisen ebenfalls nicht aufrechterhalten werden.

„In welchem Umfang die in den meisten Studien angestrebte und letztlich erzielte Gewichtsreduktion tatsächlich effektentscheidend, also notwendig ist, ist nicht abschließend geklärt. Auch Ernährungsmodifikationen ohne Gewichtsreduktion erzielen mitunter dramatische Verbesserungen.“

Vielen Dank, genau der Meinung sind wir Anti-Diät-Ernährungsfachkräfte auch. Sich direkt auf gesunde Verhaltensweisen zu konzentrieren und eben nicht den unsinnigen Umweg über das Gewicht zu nehmen und dann zu hoffen, dass sich eventuell etwas verbessert, trägt wirklich zur Gesundung von Menschen bei.

Dringender Aufruf an die Deutsche Diabetes Gesellschaft

Solche Empfehlungen erhöhen nur die Scham, wenn es dann wieder nicht funktioniert hat mit dem Abnehmen, und erhöhen immens den Leidensdruck. Eine von 10 Personen mit Typ 2 Diabetes hat eine therapiebedürftige Essstörung. Eine von 4 Personen mit Typ 2 Diabetes zeigt essgestörte Verhaltensweisen. Ich vermute, dass die Dunkelziffer sehr viel höher liegt.

Wir als Gesellschaft müssen endlich damit aufhören, uns von unserer Fettfeindlichkeit leiten zu lassen, die dazu führt, dass wir mehrgewichtigen Menschen die Verhaltensweisen empfehlen, die wir versuchen, Menschen in einer Essstörung wieder auszutreiben. Das ist an Ironie nicht mehr zu überbieten! Essgestörte Verhaltensweisen sind nicht nur gesellschaftlich akzeptiert, sie werden ja gerade in der Diabetes-Therapie normalisiert und sondern sogar verschrieben. Das Problem mit den essgestörten Verhaltensweisen ist aber, dass sie bei Typ 2 Diabetes unter anderem mit Gewichtszunahme, Weight Cycling, Essanfällen, einem negativen Körperbild, einem beeinträchtigten psychischem Wohlbefinden, früherem Auftreten von Komplikationen und einer höheren Morbidität und Mortalität verbunden ist. Gewichtszentrierte Gesundheitsversorgung beinhaltet, essgestörte Verhaltensweisen nicht nur zu tolerieren, sondern sogar zu empfehlen, die langfristig dafür sorgen, dass es den Menschen schlechter geht, sie schneller noch kränker werden und sterben früher. Wann hört das auf?!

Dieser Blogpost und die Gemeinschaftsaktion auf Instagram mit Isabel Bersenkowitsch @ernaehrungs.revolution, Cornelia Fiechtl @cornelia_fiechtl, Petra Schleifer @bellyandmind und mir @drantoniepost ist ein dringender Aufruf an die Deutsche Diabetes Gesellschaft, ihre Ernährungsempfehlungen bei Diabetes Typ 2 zu überdenken. Wir erleben es tagtäglich in unserer Praxis, dass diese Leitlinie mit einem gewichtszentrierten Ansatz zur Diabetestherapie mehr Schaden anrichtet als nützt. Wir empfehlen nachdrücklich den Fokus direkt auf gesunde Verhaltensweisen zur Blutzuckereinstellung und Stoffwechselstabilisierung zu legen und ALLEN Menschen eine gewichtsneutrale und vorurteilsfreie Behandlung zu ermöglichen, die sie verdienen.

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