Wenn ich jedes Mal einen Euro bekommen würde, wenn mir eine mehrgewichtige Person sagt, dass beim Arztbesuch oder in der Therapie jede noch so fragwürdige Verhaltensweise durchgewunken oder sogar gelobt wurde, solange die Zahl auf der Waage stimmt oder sich die Laborwerte verbessert haben – ich würde in einem weißen Glitzerschloss mit Regenbogenallee und einem Stall voller Einhörner wohnen. Den Hunger austricksen? Großartig! Sich Sport mit Essen verdienen? Sehr löblich! Mahlzeiten auslassen oder ganze Lebensmittelgruppen weglassen? Wie diszipliniert! Ist es nicht ironisch, dass wir Verhaltensweisen, die wir schlanken oder dünnen Menschen in einer Essstörung austreiben wollen, gleichzeitig mehrgewichtigen Menschen „im Namen der Gesundheit“ verschreiben? Es geht einfach nicht in meinen Kopf rein, warum jedes Mittel recht zu sein scheint und jedes Risiko in Kauf genommen wird, nur um aus dicken Menschen schlanke Menschen zu machen. Wenn die Gesundheit nur auf körperlicher Ebene in Zahlen gemessen wird, wie sicher kann ich mir dann sein, dass die mentale Gesundheit nicht hinten runterfällt? Und können wir überhaupt zwischen körperlicher und mentaler Gesundheit unterscheiden?
